Bischof Platon Kulbusch
Der Priestermärtyrer Platon, Bischof von Revel (mit bürgerlichem Namen: Pavel Petrovitsh Kulbusch), wurde 1869 im Dorf Pootsi-Kypu in der Provinz Livland geboren. Er absolvierte das Rigaer Theologische Seminar (1890) und die St. Petersburger Theologische Akademie (1894). Pater Pavel war der Dekan von zwölf estnischen Pfarreien der Diözese St. Petersburg, inkl. Der Kirche von Isidor dem Seligen, die von ihm gebaut wurde. Am 31. Dezember 1917 wurde er in der Alexander-Nevski-Kathedrale in Reval (Tallinn) zum Bischof von Reval geweiht.
Bischof Platon wurde sofort mit der Leitung der gesamten Rigaer Diözese betraut. Um sie günstiger zu verwalten, ließ sich der Bischof vorübergehend in Tartu nieder. Eifrig bemühte er sich, das Pfarrleben nach den revolutionären Wirren wieder aufzubauen. Der Erste Weltkrieg ging weiter. Die baltischen Staaten wurden von deutschen Truppen besetzt. Bischof Platon hatte Schwierigkeiten, die Pfarreien der Diözese zu besuchen, und Reisen mit der Bahn wurden unmöglich. Begleitet von einem dreiköpfigen Gefolge, teils zu Pferd, teils zu Fuß, besuchte Platon während der kurzen Zeit seines bischöflichen Dienstes die meisten seiner Pfarreien in Estland und Lettland.
Am Sonntag, dem 21. Dezember, wurde über dem Rathaus ein rotes Banner gehisst. Estland wurde von Einheiten der Roten Armee überschwemmt, die von Narva aus Tartu erreichten. Am 29. Dezember wurden kirchliche Zeremonien verboten. Am Abend des alten Jahres in der Kirche St. Peter wurde der erste kommunistische Gottesdienst abgehalten. Auf der Orgel wurde die Marseillaise aufgeführt, die Kanzel war mit roten Fahnen behängt, und der Kultusminister der Kommunisten, A. Wallner, hielt eine Rede, in der er sagte: „Alles, was bisher von dieser Kanzel gesagt wurde, war eine Lüge“ ( Поска Ю. Мученичество епископа Платона. Eesti Apostlik-Õigeusu Kiriku häälekandja, nr. 85, 2018. С. 19.)
In dieser Situation beschlossen der orthodoxe, der protestantische, der katholische und der jüdische Klerus gemeinsam zu handeln. Die Initiative ging von Pfarrer Dr. Traugott Hahn, Professor für Theologie an der Universität Tartu, aus. Bischof Platon nahm die Delegation zu diesem Thema gerne an und bemerkte: „Wir können nur mit roher Gewalt unterworfen werden. Wir dienen der Kirche und unseren Gemeinden. Wenn uns Exil oder Tod erwartet, dürfen wir trotzdem nicht gehorchen.“ (ebenda)
Mit einem Friedenskuss und Segen verabschiedeten sich die Priester voneinander, worauf der Bischof hinzufügte: „Egal wie schwierig die Zeiten sind, die Gott uns gegeben hat, sie sind immer noch voller Segen, denn jetzt können wir mehr als je zuvor erkennen, was längst hätte erkannt werden müssen, nämlich dass die verschiedenen Namen des Glaubens nur Mauern sind, die von Menschen errichtet wurden, und über all diesen Mauern steht Gott auf seinem Thron, unser gemeinsamer himmlischer Vater. Am 2. Januar wurde Bischof Platon zusammen mit Archidiakon Dorin wenige Meter vom Haus entfernt verhaftet, und wenig später wurden auch Erzpriester Nikolai Bezhanitsky und Erzpriester Michail Bleive verhaftet, weil sie trotz des Verbots weiterhin Gottesdienste abhielten. Während seiner Haft las Bischof Platon oft das Evangelium auf Griechisch, insbesondere das 24. Kapitel von Matthäus. Eine halbe Stunde vor seinem Tod las der Bischof mit Pastor Hahn über die Passion Christi aus dem 15. Kapitel des Markusevangeliums.
Am 14. Januar 1919 gegen 10 Uhr rief der Kommissar, begleitet von zwei Soldaten der Roten Armee, Bischof Platon zu sich. Während des Verhörs in der vergangenen Nacht forderte der Kommissar den Bischof auf, das Evangelium nicht mehr zu lesen, worauf Bischof Platon antwortete: "Sobald ich frei bin, werde ich den Herrn preisen." Einige Zeit nachdem der Bischof gegangen war, hörten die Gefangenen Schüsse aus dem Keller.
Dann wurden Erzpriester Nikolai Bezhanitsky, Erzpriester Michail Bleive, Pfarrer Traugott Khan und Pfarrer Wilhelm Schwartz zusammen mit 13 Bürgern von Tartu herausgebracht. Sie wurden ebenfalls erschossen bzw. teilweise brutal erschlagen.
Aus redaktionseigenen Recherchen konnte man am 18. Januar eine Liste der „14. Januar Hingemordeten“ veröffentlichen und kommt „mit Sicherheit“ auf 17 Personen: „1. Erzbischof Platon,2. Prothierei Michael Bleiwe von der Uspenski Kirche, der greise Seelsorger der griechisch- orthodoxen Georgs-Kirche Priester Nikolai Beschanitzki, 4. Professor und Universitäts-Prediger Dr. Traugott Hahn, 5. Hermann von Samson- Himmelstjerna auf Kawershof, 6. Heinrich von Krause aus dem Pollschen Hause, Besitzer von Rewold, 7. Bankinhaber Arnold von Tideböhl, 8. Herbert von Schrenck, 9. Baron Constant von Knorring, 10. Pastor Wilhelm Schwarz, 11. Dim. Stadtrat Gustav Tensmann, 12. Stadtrat Gustav Seemann, 13. Kaufmann Surmann Kaplan, 14. Töpfermeister Ado Luik, 15. Kaufmann Harry Vogel, 16. Kaufmann Massal, 17. Der `Postimees`- Mitarbeiter Kärner.“
Literaturverzeichnis:
1Парменов А. Мученическая кончина епископа Ревельского Платона // Журнал Московской Патриархии. 1994. № 1. С. 91–96.
2Первый эстонский епископ-мученик епископ Ревельский Платон (Кульбуш) // «Их страданиями очистится Русь». Жизнеописания новомучеников Российских. М.: Изд-во им. святителя Игнатия Ставропольского, 1996.
3Платон (Кульбуш), священномученик // Жития новомучеников и исповедников Российских ХХ века. Январь / Сост. игумен Дамаскин (Орловский). Тверь, 2005. С. 4–16.
4Поска Ю. Мученичество епископа Платона. Eesti Apostlik-Õigeusu Kiriku häälekandja, nr. 85, 2018.
5Ehlert T. Traugott Hahn (1875-1919): Leben, Wirken, Martyrium, Spiritualität und Theologie. 2018.
6Hahn A. D. Traugott Hahn weiland Professor an der Universität Dorpat: ein Lebensbild aus der Leidenszeit der baltischen Kirche. Heilbronn: Salzer, 1929.
7Hahn A. Es gibt einen lebendigen Gott: Ein Lebenszeugnis. Metzingen/Württ.: Brunnquell-Verl., 1968.
8Schultze H., Kurschat A., Bendick C. (ed.). " Ihr Ende schaut an-": evangelische Märtyrer des 20. Jahrhunderts. Evangelische Verlagsanstalt, 2006.
Traugott Hahn
Februar 1875 – 14. Januar 1919
Traugott Hahn wurde im Februar 1875 in Rauge/Estland geboren. Sein Vater war evangelischer Pfarrer.
Traugott wuchs mit mehreren Geschwistern im Pfarrhaus auf. Zunächst in Rauge, später in Reval (heute Tallinn). Durch seinen Vater lernte er die Kraft des Christentums und die Herrlichkeit des Pastorenberufes kennen. Die Mutter erteilte ihm Unterricht im Glauben und pflanzte so die Liebe zu Gott in ein junges Herz.
Das Abitur erwarb er an der St.-Petri-Schule in Petersburg.
Damals gab es für Traugott ein wichtiges Erlebnis, welches er später als einen Wendepunkt für sein Leben bezeichnete: Er erkannte und bekannte Schuld, erfuhr Sündenvergebung und Angenommensein bei Gott. Er bezeugt: „Von dieser Stunde an wurde… der Glaube an Gott… zu dem größten Glück (meines) Lebens.“ (S.11)
Traugott Hahn studierte Theologie in Dorpat (heute Tartu), danach in Göttingen. Hier entstand ein Beitrag zur Kirchengeschichte des dritten Jahrhunderts.
Er kehrte zurück nach Reval und diente als Hilfsprediger in der Gemeinde seines Vaters.
Anfang des Jahres 1902 erhielt er einen Ruf an die Universitätsgemeinde nach Dorpat. Nach Überwindung mancher Widerstände erhielt er im Herbst den Doktortitel.
Ehe und Familie
Am 29. August 1903 heiratete er Anny. Beide berichten mit Freude und Dankbarkeit, wie Gott sie in ihrer Ehe zusammengestellt und gesegnet hat.
Anny sagt, „es konnte keinen zartfühlenderen und liebevolleren Ehemann geben als ihn.“ (S. 21)
„Unsere Liebe (ruhte) nicht nur auf dem unsicherem Grund des natürlichen Wohlgefallens, sondern war fest verankert in der einen großen Liebe zu Gott, dem wir gemeinsam dienen wollten.“ (S.51) Es gelang dem Ehepaar recht gut, seine Beziehung zu pflegen. Ihre „Ehe war eine wunderbare Gemeinschaft, in der jeder bemüht war, den anderen glücklich zu machen.“(S.55) Dazu gehörte auch ihr gemeinsames Gebet.
Anny schreibt: „Unser Glück wurde noch größer, als Kinderstimmen unser Haus belebten. Vier Kinder hat Gott uns geschenkt ... Traugott, war ein rührender Vater.“ (S. 57)
Von seinem Dienst als Prediger
„Stark spiegelten seine Predigten die jeweiligen großen Zeitereignisse wider. Ohne politisch zu sein, suchten sie glaubensmutig Evangelium zu verkündigen für die erschütternde gewaltige Lebenszeit, die angebrochen war… Besonders eindrucksvoll waren wohl seine Bußpredigten.“(S.39)
Er sprach davon, dass der „heilig ernste Ruf zu Leiden und Sterben (an die Gemeinde) ergehen könne. In der Predigt am dritten Advent 1918 … sprach er klar von dem nahenden Märtyrertode.“(S.39)
Professor Hahn
1909 wurde Traugott Hahn vom Minister für Volksaufklärung zum Professor für praktische Theologie ernannt. Mit Freude nahm er die neue Herausforderung an.
Erschütterungen durch die Revolution von 1905
Im Herbst 1905 kam es zu Unruhen auch in Dorpat. Die Christen berieten wie man sich verhalten solle. Traugott „kam zu dem Schluß, daß man vor allem tun müßte, was man vor Gott, vor seinem Lande und vor seinem Gewissen verantworten könne, … (man müsse) sich auch auf einen Untergang gefaßt machen. In jener Zeit betete er... täglich darum, daß, wenn es sein müßte, uns die Kraft gegeben werde, als Märtyrer zu sterben.“(S.27)
„Die Revolution von 1905 und 1906 richtete sich… auch gegen die Kirche und Gottes Wort. Die Pastoren wurden gehaßt … (man) trachtete nach ihrem Leben.“(S.30)
Als es der russischen Regierung gelungen war, Ruhe herzustellen, erkannte Hahn, dass Gott „dem russischen Volk und und auch uns Balten“(S.32) eine Gnadenfrist geschenkt hatte.
Die Zeit im ersten Weltkrieg
Durch den Krieg kamen viele Flüchtlinge nach Dorpat. Für Pastor Hahn gab es viel mehr zu tun. Mit Freude nahm er neue Aufgaben an und diente vielen Menschen mit Verkündigung und Seelsorge.
Aber „er konnte sich … den Optimisten, die (an einen Sieg Deutschlands glaubten,) nicht anschließen. Ein immer größerer Ernst prägte sich in seinem ganzen Wesen aus. Es war, als träte alles andere zurück vor dem einen: jeden Tag und jede Stunde auskaufen zu müssen, um zu wirken und zu arbeiten für Gott und sein Reich.“(S.69)
1917, nach Ausbruch der Revolution, war man auch „in Dorpat seines Lebens nicht mehr sicher...Eines Tages verkündete ein Plakat im ganzen Land, daß der ... Adel sowie die Pastoren als vogelfrei anzusehen seien.(S.71)
Flucht und Rettung
Auch Traugott Hahn und seine Familie kamen in große Bedrängnis. „Es war Montag, den 28. Januar 1918, als Traugott um 10.00 Uhr morgens von einer Vorlesung zurückkam und mir zurief: „Ich bin eben von vertraulicher Seite gewarnt worden,... ich solle sofort weg und mich verbergen. Hier sind die Schlüssel. Lebe wohl.“ In aller Eile packte ich ihm einen kleinen Koffer, und tief erregt und bewegt nahmen wir Abschied.“ (S. 73)
Von nun an war Traugott in verschieden Verstecken. Bald plante er, sich freiwillig zu stellen. Dazu verfasste er einen Abschiedsbrief und schreibt, dass er allen danken und um Vergebung bitten möchte. Er bezeugt auch wie er durch Bibellesen und Gebet getröstet und gestärkt wird. In diesem Sinn tröstet er auch seine Frau. Beide wollen im Sinne ihres Neujahrsspruches 2.Samuel 10,12 (Sei getrost und lass uns stark sein für unser Volk und die Städte unseres Gottes. Der HERR aber tue, was ihm gefällt.) leben.
Schließlich kommt er zurück und nimmt seinen Dienst wieder auf.
Am 24. Februar 1918 zogen, völlig überraschend, deutsche Truppen in Dorpat ein. Sie wurden als Befreier begrüßt und bejubelt. Trotz aller Freude und Dankbarkeit sah Traugott Hahn skeptisch in die Zukunft: „Ich glaube, wir gehen Zeiten entgegen, die unser Land bis auf den Grund erschüttern werden.“ (S. 82)
Mit dem Rückzug der deutschen Armee fand diese kurze Zeit ein jähes Ende. Viele verließen fluchtartig das Land.
Anny und Traugott Hahn rangen im Gebet um Gewissheit, ob sie ebenfalls gehen oder bleiben sollten. Es wurde ihnen klar: Wir bleiben!
Unter Bolschewistischer Herrschaft
In der Nacht zum 4. Advent zogen die Bolschewisten in Dorpat ein. Es gab viele Verhaftungen.
Man befürchtete ein Gottesdienstverbot, Hahn nimmt Verbindung zu dem russischen Bischof Platon auf. Dieser beachtliche Kontakt wäre früher nicht möglich gewesen. „Nun verband die gleiche Not die evangelisch-lutherische und die griechisch-katholische Kirche.“(S:105) Beide erkannten sich als Brüder und segneten sich gegenseitig… „Der Bischof sagte: „Nun sehen wir, das die Konfessionen nur Wände sind, von Menschen aufgerichtet, über uns allen aber wohnt derselbe Gott und Heiland.““ (S. 106)
Gottesdienste und alle kirchlichen Handlungen werden bei Strafe verboten. Silvester und Neujahr feiern sie aber Gottesdienste im kleinen Kreis.
Das Neue Jahr 1919
Anny Hahn schreibt: „ Der Neujahrsmorgen 1919!... Noch erwachte ich an Traugotts Seite zum letztenmal! Ein Gefühl des Dankes erfüllte mich, ich mußte nach meiner Bibel greifen und den 103. Psalm lesen.“(S.108) Sie war ermutigt.
Am Abend dieses Tages bereitete sich Traugott Hahn vor, wieder an einen, für die Seinen unbekannten Ort zu gehen. Er verabschiedete sich von seiner Familie mit Gebet und Segen.
Die Verhaftung
Am 3. Januar 1919 wurde er im Haus seiner Freunde verhaftet.
Als er zusammen mit seinem Freund Stromberg weggeführt wurde, hatte Traugott gesagt: „Es ist doch schön, daß jeder Zufall hier ausgeschlossen ist, eben hatten wir die Rückkehr beschlossen, da kamen die Häscher und vereitelten sie.“ (S.117) Er lebte in dem, „was er so oft in seinen Predigten ausgesprochen hatte, daß es bei Gott keinen Zufall gibt.“(S.117)
Im Gefängnis
Am nächsten Tag erfahren sie, dass sich die Gefangenen im provisorischen Gefängnis Kreditbank befinden, dorthin können sie Essen bringen.
Bemühungen um behördliche Hilfe oder um Klärung blieben ohne Erfolg.
Es gab noch einmal eine letzte kurze Begegnung zwischen Anny und Traugott und zwar bei der Essensübergabe im Gefängnis in Gegenwart der Wärter. Sie endete auf russisch mit „Auf Wiedersehen“. „Do swidanie“, antwortete er und schon verschwand er hinter der Tür. Ja, auf Wiedersehen! Aber nicht mehr auf dieser Erde.“(S.121) Zeitweise leidet Anny Hahn unter ihrer Hilflosigkeit, dazu kam gerade jetzt noch eine Grippe mit hohem Fieber.
Sie erkennt aber auch darin Gottes Fügung, vielleicht war dieser Weg nötig, damit sie ihren Kinder erhalten blieb.
Mit einem kleinen Zettel bat Traugott Anny „um ein Buch …(es) handelte (u.a.) von einem Märtyrer, der lobsingend zum Scheiterhaufen ging. Etwas griff eiskalt nach meinem Herzen. An diesem Buch soll Traugott sich viel gestärkt haben; auch anderen Gefangenen hat er es gegeben.“(S.122)
Als die Gefangen u.a. über den Bolschewismus und Lenin diskutierten, vertrat Hahn die Ansicht, „ daß eine solche Bewegung einem doch zu denken geben müsse, ob unsere bisherige Kultur und Gesellschaftsordnung nicht ihre ernsten Schäden hätte.“ (Jemand bestätigte später) „Die Ausführungen von Professor Hahn waren von einer wunderbaren … Sachlichkeit, einzig vom Geist des Verstehen- und Erkennenwollens getragen.(S.123f.)
Besonders dankbar war er, dass er seine Bibel und das griechische Neue Testament behalten konnte. Damit stärkte er sich und andere.
Auch mit Bischof Platon und andern russischen Priestern suchte er geistliche Gemeinschaft. Als die russischen Priester ganz leise russische Kirchenlieder sangen setzte er sich zu ihnen und sang mit. Nach seinem Tod sagte ein überlebender russischer Priester in tiefer Bewegung zu Frau Hahn: „Wissen Sie, wie dieser Mann Gottes seine letzten Tage zugebracht hat? Ganz im Worte Gottes hat er gelebt, wer so stirbt, der stirbt wohl.“(S.124)
Die Gefangenen mussten neben nächtlichen Verhören viele Erniedrigungen ertragen. Traugott und Bischof Platon wurden z.B. gezwungen unter dem Hohngelächter der Wachen einen Abort ( Toilette ) ohne Hilfsmittel zu reinigen.
Am Morgen des 14. Januars mussten die Gefangen sich zum Appell aufstellen. Zuerst wurde Bischof Platon aufgerufen, er musste seine Überkleider ablegen, dann wurde er in den Keller geführt und dort erschossen. „Traugott war der vierte oder fünfte, dessen Name aufgerufen wurde; … Sein Antlitz trug einen Ausdruck, als sei er schon nicht mehr da, entrückt von dieser Erde. Er … ging mit langen Schritten hinaus … (er musste) sich bücken …, um die niedrige Treppe zum Keller hinunterzusteigen, wo der Tod auf ihn wartete. (Anny Hahn betont:) Ach, Gott sei Dank, nicht nur der Tod, sondern auch sein Meister, Jesus Christus dessen Arme offen waren – er (Traugott) ist daheim.“ (S. 139)
Ausklang
In den ersten Januartagen 1919 gab es eine Gegenoffensive der sog. Weisen. Die Bolschewisten flohen aus Dorpat.
Traugott Hahns Leiche wurde zu Hause aufgebahrt. Ehe sein „Sarg … aus dem Hause getragen wurde, nahmen die Kinder und ich (Anny) einen letzten Abschied von der äußeren Hülle unseres so heißgeliebten Mannes und Vaters. Wir beteten still und sangen ihm dann noch einmal sein Lieblingslied: Kommt und laßt uns Christum ehren.“ (S. 140)
Anny Hahn bezeugt „die wunderbare Kraft, mit der Gott seine Kinder ausrüstet, wenn er sie durch dunkle Täler führt... In das fast betäubende Dunkel des ersten Schmerzes leuchtete vom Kreuz Christi her das „Dennoch“ des Glaubens...Mir aber gab Gott am offenen Grabe den Frieden ins Herz, der über alle Vernunft ist… Auch für die Kinder trat das Grauen des Todes … zurück.“ (S. 141)
Am Sarg eines … Kollegen hatte mein Mann einst gesagt: „Der Glaube ist gewiß, kein Gotteskind stirbt zu früh. Ohne Weigerung habe ich jedem Ruf meines Herrn zu folgen, auch in eine andere Welt … Es ist für den Glauben keine Rede von einem jähen Abreißen der Lebensarbeit. Der Christ nennt es Abberufung zu höherem Dienst. Gott ruft uns, wenn wir reif geworden für einen höheren Posten.““ (S. 141)
Quellenangaben:
- Anny Hahn: Traugott Hahn – Ein Märtyrer des 20.Jahrhunderts; Brendow Verlag; Moers 1988 ISBN 3-87067-336-2
- Internetseite der deutschen ev.--luth. Gemeinde in Tartu: kirche.ee (in Memoriam)
- Google: Pastor Traugott Hahn